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Wir hatten eine sehr schöne Zeit in Berlin. Wieder einmal! Das Wetter war perfekt. Die Stimmung am Streckenrand war grossartig. Und zu guter Letzt entsprachen auch unsere Laufzeiten unseren Vorstellungen.

Ich lief nach 2:36:53 durch Ziel, was den 215. Gesamtrang und 16. Kategorienrang bedeutete. Petra pulverisierte ihre persönliche Bestzeit (PB) um rund 7 Minuten. Die Uhr blieb bei ihr nach 3:08:43 stehen, was den 187. Gesamtrang und 17. Kategorienrang ergab. Sie lief gar einen Negativsplitt!

Über 44'000 Teilnehmer waren gemeldet und 40'775 Läuferinnen und Läufer beendeten das Rennen. Neuer Rekord! Einen sensationellen Weltrekord gab es im Rennen der Männer. Eliud Kipchoge lief den Marathon als erster Mensch unter 2:02:00. Neu liegt der Weltrekord bei 2:01:39!

Wir wussten beide um unsere gute Form. Dies zeigte der letzte Wettkampf vor Berlin klar auf. Jedoch hatte ich danach mit muskulären Problemen (Waden) zu kämpfen, welche mich bis zum Start des Marathons begleiteten. Dass wir trotzdem am Tag X unser Leistungspotential abrufen konnten, war einfach nur geil.

Freitag, 14. September 2018

Die Anreise erfolgte bereits am Freitagnachmittag. Der Flug hatte zirka 30 Minuten Verspätung, weshalb wir bei der Ankunft in Berlin (Flughafen Schönefeld) gleich in ein Taxi stiegen, um direkt ins Hotel zu fahren, damit wir etwas an Zeit aufholen konnten.

Wir wollten unbedingt noch am selben Tag die Startnummer abholen. Da das Expo-Gelände (alter Flughafen Tempelhof -> Schliessung am 30. Oktober 2008) bereits um 20:00 Uhr die Tore schloss, mussten wir vorwärts machen. Nach dem Hotel Check-in ging es per U-Bahn zur Expo weiter. Das Gelände ist riesig. Wir mussten diverse Hallen passieren bis wir zur Startnummer Ausgabe gelangten. Natürlich war es die letzte Halle. Seit dem Jahr 2011, meiner letzten Teilnahme, hat sich auch in Sachen Sicherheit etwas getan. So mussten wir ein Armband beziehen, welche wir bis nach dem Zieleinlauf tragen mussten.

Den ersten Abend liessen wir dann bei einem Italiener in der Nähe des Hotels ausklingeln.

Samstag, 15. September 2018

Nach einem reichhaltigen Frühstück fuhren wir mit der U-Bahn Richtung Brandenburger Tor. Wir wollten den Weg zum Start-/Zielgelände 1:1 testen, damit wir morgen Sonntag sicher und zeitig ankommen. Am Potsdamer Platz und am Brandenburger Tor mussten natürlich auch einige Selfies gemacht werden. Einen kurzen Abstecher in den Adidas-Shop (offizieller Sponsor) durfte auch nicht fehlen.

Am frühen Nachmittag hiess es wieder Kohlenhydrate bunkern. Beim Italiener vis-à-vis bestellten wir uns Spaghetti Bolognese. Danach traf auch unser Kollege Peter ein, der hier in Berlin seinen ersten Marathon laufen wird. Wir haben ihn auf seinem Weg zu diesem Ziel begleitet und freuen uns, dass bis jetzt auch für ihn alles geklappt hat.

Nach einem kurzen Nickerchen ging es zum Warm up. Petra und ich liefen zum Zoologischen Garten. Wir machten eine kurze Schlaufe im Grünen und schon ging es zurück zum Hotel. Am Ende des Tages kamen 6,77 Kilometer (inklusiv 5 Steigerungsläufe) zusammen.

Die Henkersmahlzeit nahmen wir wiederum bei einem Italiener ein, dieses Mal der um die Ecke. Die Auswahl an italienischen Restaurants ist grandios und alle waren voll mit Personen mit einem BMW-Berlin-Marathon-Bändeli smile.

Bevor es in die Heia ging, machten wir unser Equipment für den grossen Tag bereit. D. h., Chip am Schuh montieren, Startnummer am Trikot befestigen und so weiter. Kurz nach 22:00 Uhr knipsten wir das Licht aus. Währenddessen Petra bald einmal in den Tiefschlaf verfiel, wälzte sich unsereins noch bis Mitternacht hin und her. Irgendwann schlief auch ich ein.

Sonntag, 16. September 2018

Der Wecker ertönte bereits um 4:55 Uhr. Wie es unser Ritual verlangt, gingen wir sogleich los, um ein kurzes Footing zu absolvieren. Die nächsten Tätigkeiten im Hotelzimmer waren duschen, essen und trinken. Petra ass Porridge und ich «mein» Reis. Dazu gab es reichlich Koffein in Form von Kaffee. Danach blieb uns noch einem Moment, um die Strecke nochmals zu studieren, Musik zu hören und die Beine hochzulegen.

Rund 2 Stunden vor dem Startschuss machten wir uns auf den Weg zum Marathon-Gelände. Die Anreise mit der U-Bahn war etwas speziell. Wir gingen an einen Sportanlass, aber es gab auch Leute in den Bahnwagen, welche erst das Partylokal verlassen hatten und dementsprechend alkoholisiert waren. Einer urinierte an der Haltstelle aus dem Bahnwagen heraus, andere beschimpften den Bahnführer aus das Übelste. Auch Bierflaschen zerschellten auf dem Perron. Zum Glück war die Fahrt nicht lange. Unbeschadet entflohen wir dem Untergrund.

Aus allen Himmelsrichtungen strömten Läuferinnen und Läufer daher. Als wir in den inneren Zirkel (nur Marathonteilnehmer hatten Einlass) gingen die Wege von Petra und mir auseinander. Wir hatten nicht den gleichen Startblock. So bereitete sich jeder für sich auf das Rennen vor. Beim Einlaufen im eingehegten Tiergarten kreuzten sich unsere Wege unerwartet noch einmal.

Mein Rennbericht:

Um 9:15 Uhr wurde ich auf die 42'195 Meter lange Reise geschickt. Ich konnte Dank meiner Marathonzeit aus der Vergangenheit aus dem ersten Block (A) starten. Dies ermöglichte mir, sogleich mein angepeiltes Tempo zu laufen. Geplant war ein Kilometerschnitt von 3:40.

Die ersten 2 Kilometer waren etwas schneller, aber noch im grünen Bereich. Der 3. Kilometer war dann aber viel zu langsam. Der Grund war eine Pinkelpause frown. Kurz nach dem Start spürte ich, dass ich Wasserlassen musste. Ich wollte zuerst einfach weiterlaufen, in der Hoffnung, dass sich dieses unwohle Gefühl auflöse. Ich entschied mich dann doch für einen Stopp. Es war mir gleich wohler. Ich nahm wieder Fahrt auf, jedoch versuchte ich nicht die verlorene Zeit aufzuholen. Diesen Fehler hatte ich auch schon begangen und büsste es bitter gegen Ende des Rennens. Die 5 Kilometermarke passierte ich 20 Sekunden langsamer als geplant. Das war in etwa die Zeit für den unfreiwilligen Zwischenstopp. Bei der nächsten Marke bei Kilometer 10 lag ich 30 Sekunden hinten. Dies beunruhigte mich nicht. Meine Beine waren von Anfang nicht die Frischesten, aber ich sog die gute Stimmung auf und genoss es, einen Teil von etwas Grossem zu sein.

Bis zur Rennhälfte verlor ich keine zusätzliche Zeit mehr auf meine Marschtabelle, aber ich machte auch keine gut. Unterdessen hatte ich mich einer kleinen Gruppe angeschlossen und konnte mich darin gut «verstecken». Bis Kilometer 25 konnte ich ohne Probleme der Gruppe folgen. Dann dünnte sich die Gruppe langsam aus. Ich musste vermehrt beissen und immer wieder kleine Lücken schliessen.

Bei Kilometer 30 war es dann auch um mich geschehen und ich musste etwas abreissen lassen. Ich kam kurze Zeit später zwar nochmals ran, aber musste dann eingestehen, dass ich dieses Tempo nicht durchstehen konnte. Fortan lief ich mein eigenes Rennen. Der Kopf war nun sehr gefordert. Das macht den Marathon so interessant. Der Wettkampf begann eigentlich erst jetzt. Ich konnte das Tempo einigermassen halten, verlor aber weiter Zeit auf meine Marschtabelle.

Kilometer 35. Nur noch 7 Kilometer. Kilometer 37. Nur noch 5 Kilometer. So verarbeitete respektive arbeitete ich mental. Natürlich war ich auch körperlich längst im Grenzbereich angelangt. Meine Muskulatur war nahe am Krampfen. Und doch ging es immer weiter.

Als ich die 40 Kilometertafel passierte, wusste ich, dass ich bald «Zuhause» sein werde. Ich riss mich nochmals am Riemen und versuchte nochmals etwas Tempo zu machen. Mein neues Ziel war es zumindest unter 2:37:00 zu bleiben. Als ich durch das Brandenburger Tor rannte, setzte ich zum «Endspurt» an. Es reichte! Mit der Nettozeit von 2:36:53 war ich sehr zufrieden. Zwar plante ich eine Zeit unter 2:35:00, aber ich hatte heute mein Bestes gegeben und konnte mich nichts vorwerfen. Was wollte man(n) mehr?

Petra’s Rennbericht:

Mit meiner im letzten Herbst angegebener Zeit von 3:15:00 – 3:30:00 wurde ich dem Sektor E zugeteilt. Aufgrund meiner guten Form wollte ich aber versuchen, um 3:10:00 zu laufen. Unter 3h war leider zu utopisch wink. Aber einen 4:30er Schnitt zu laufen, traute ich mir dank der guten Trainings im Engadin und die weiteren Vorbereitungen zu Hause zu. Dazu gehörten die Intervalle wie auch die Ernährung und nötige Erholung. Mit der ersten Welle in Sektor A-D werden offiziell die schnellen Zeiten gelaufen. Muss ich nun mein Ziel aufgeben? Nein, dank meiner doch nun auch zahlreichen Lauferfahrungen in grossen Teilnehmer/innen-Felder wusste ich, dass auch mit der zweiten Welle – wo ich jetzt im Sektor E stand – schnelle Läuferinnen und Läufer starten werden. Aber damit ich nicht allzu sehr behindert werde, ging ich schon früh in den Sektor und stand so weit vorne wie möglich ein. Dank Grossleinwände wurden wir super unterhalten und konnten den Start der Handbiker, Rollstuhlfahrer sowie der ersten Welle mit den Elite-Läufern verfolgen. So verging die Wartezeit relativ schnell und wir in der zweiten Welle wurden zum Startbogen geführt. Ich stand somit beim Start direkt unter dem Bogen und konnte nach dem Startschuss sogleich in meinem Tempo loslaufen. Da ich einen Dieselmotor habe, wusste ich, dass das Anfangstempo gut langsamer sein darf und soll, bis sich mein Körper an die Belastung gewohnt hat. Zumal ich nach dem Halbmarathon in Sarnen etwas Probleme mit Sehnen und Muskeln hatte. Der erste Kilometer war daher auch einer der Langsamsten. Danach habe ich mich langsam gesteigert und peilte mein geplantes Tempo um 4:30 an. Da ich bisher immer eine „Pippi-Pause“ machen wusste, wollte ich erst noch etwas schneller laufen, um eine Pause überbrücken zu können, die aber dann doch nie eintraf. Ab Kilometer 5 fühlte ich mich in meinem Rhythmus wohl. Doch ich musste konzentriert bleiben, damit ich nicht in einen langsameren Trott verfalle. Bei den Verpflegungsstellen liess ich mir bewusst kurz Zeit, Wasser zu fassen und zu trinken, was bei den Plastikbechern gar nicht so einfach war. Nach dem Verpflegen versuchte ich mein Tempo wieder langsam zu steigern, damit ich mich nicht mit Kurzsprints auslaugte. Für mich war dies das Schwierigste. Denn oftmals lief mir dabei eine Konkurrent/in davon, mit der/dem ich gerade gut zusammenlaufen konnte. Doch ich wusste auch, wenn ich mir nichts Gutes tue und trinke, werde ich einmal dafür büssen. Dank meines konsequenten Verpflegens kam ich zum Glück nie in eine wirkliche Krise. Bei km 25 wurden wir durch den Speaker informiert, dass Kipchoge Weltrekord gelaufen ist. Da bekam ich erstmals Hühnerhaut und motivierte mich, alles daran zu setzen, dass ich meinen eigenen Rekord ins Ziel laufe. Mit geholfen hat, dass ich bei km 33 von der Partnerin von Peter, Ursi, ein vorbereitetes Cola-Bidon sehr professionell überreicht bekam. So konnte ich die letzten Verpflegungsstationen auslassen und mein Tempo durchlaufen. Was genial war, denn so schaffte ich auch den Negativ-Splitt in der 2. Hälfte des Marathons.

Als endlich das Brandenburger Tor in Sicht kam, dachte ich, jetzt kommt der gefühlsmässige Hammermoment, der Hühnerhaut und Freude in einem bringt, wenn ich da durchlaufe. Doch NICHTS! Aber knapp 500m später kam dies alles wie eine Woge über mich, als ich durchs Ziel laufe und meine angepeilte Zeit, unter 3:10:00 zu laufen, eintraf. Diese Freude zu verspüren, dass ich all meine Möglichkeiten in Berlin wie gewünscht abrufen und umsetzen konnte, war der Hammer und erfüllte mich mit Dankbarkeit, denn dies ist nicht Selbstverständlich. Geholfen hat sicher auch die tolle Atmosphäre ab Start bis zum Ziel. So viele Zuschauer haben uns Läuferinnen und Läufer mit grossem Engagement unterstützt und auf unserem Weg begleitet, das ist einfach genial. Ausserdem das Feeling in einem Weltrekord-Lauf mitlaufen zu dürfen, war für mich vielleicht gerade wegen meiner sportlichen Vergangenheit eine grosse Ehre. So macht natürlich ein Wettkampf noch viel mehr Spass! Und Tom hat Recht mit seiner Aussage; der Wettkampf soll das Dessert sein, das zu geniessen ist und das durfte ich smile.

Diesen, in allen Belangen, grossartigen Tag belohnten wir uns mit einer grossen Pizza, Bier und Wein.

Montag, 17. September 2018

Der Tag danach. Die Beine fühlten sich müde an, aber viel besser als noch im Frühjahr in London. Damals konnte ich eine Woche kaum laufen.

Nach dem Frühstück gingen wir zum Alexanderplatz (Fernsehturm) und machten eine Hop-On/Hop-Off-Tour (Purple-Tour). Shoppen stand ebenfalls auf dem Tagesprogramm. Mich interessierte jedoch nur etwas. Nike Zoom Vaporfly 4%! Diesen Schuh trägt Eliud Kipchoge und neu viele, viele andere. Obwohl der Schuh 250 € kostet und damit rund 70€ teurer ist, als alle anderen Schuhe war er restlos ausverkauft ☹. Am Nachmittag gingen wir bei herrlichem Wetter an der Spree spazieren.

Im Restaurant Dicker Engel (Geheimtipp von Conny) assen wir dann zu Abend. Feines Bier und echte Berliner Küche. Einfach lecker!

Dienstag, 18. September 2018

Bevor wir den Rückflug antraten, nahmen wir noch ein reichhaltiges Frühstück in einem Einkaufszentrum ein. Da es sich in diesem ein Nike-Shop befand, versuchte ich nochmals mein Glück. Leider ohne Erfolg. Der Schuh scheint total ausverkauft zu sein, sei es in Berlin, Deutschland oder Schweiz yell.

Zu Hause angekommen, konnten wir es nicht unterlassen, den Marathon in ganzer Länge im Fernseher anzuschauen. Wir hatten uns dabei mehrmals im Fernseher gesehen, was jeweils mit lautem Geschrei und Gelächter ausartete. Die Szenen mussten natürlich mehrmals in Zeitlupe angeschaut werden smile.

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